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Von Laura Roth
Die SARS-CoV-2-Pandemie ist eine globale Herausforderung. Diskussionen um Impfungen, Impfskepsis sowie Auslieferungsprobleme und Ressourcenknappheit des Impfstoffs sind medial hochpräsent. Immer mehr Stimmen werden laut, den europäischen Verteilungsmechanismus zu umgehen, um zusätzliche Impfdosen direkt bei den Herstellern zu erwerben – bilaterales anstelle von multilateralem Handeln. Doch die Pandemie ist eine internationale Krise. Wir brauchen kein „Europe oder Germany First“, sondern den Blick fürs große Ganze. Dabei geht es nicht nur um Interessenspolitik einzelner einflussreicher Staaten, sondern um eine weltweit gerechte Verteilung des Corona-Impfstoffs.
Globale Machtdynamiken zeigen sich darin, welche Länder den Impfstoff zuerst bekommen. Die USA, das Vereinigte Königreich und Europa haben bereits weitreichende Vereinbarungen mit vielversprechenden Pharmaunternehmen geschlossen. Die US Regierung gründete eigens die Public-Private Partnership Operation Warp Speed, um dem ehrgeizigen Ziel gerecht zu werden genügend Impfstoff zu produzieren, um alle AmerikanerInnen bis Ende Januar 2021 impfen zu können. China und Russland führen eigene Studien und Impfprogramme durch. Doch wo bleibt der „Rest“? Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen ist es nicht möglich, im globalen Wettbewerb um Impfstoffe mitzuhalten.
In Südafrika beispielsweise besteht die aktuell beste Chance eine Impfung zu erhalten darin, an einer experimentellen Phase-2-Studie teilzunehmen, die Ende 2020 dort von Johnson&Johnson gestartet wurde. Südafrika trägt somit zur Testung der Impfstoffsicherheit bei; flächendeckende Impfprogramme für die eigene Bevölkerung laufen jedoch frühestens Mitte bis Ende 2021 an. Der Impfstoffverteilungsmechanismus Covax, soll hier Abhilfe verschaffen. Covax ist eine Kollaboration von internationalen Gesundheitsorganisationen, die gegen Ungerechtigkeiten im Zugang zu Impfstoff vorgehen will.
Eine Pandemie kann nur überwunden werden, wenn Herdenimmunität erreicht ist und die Verfolgung ausschließlich eigener Interessen überwunden wird. So beschreibt beispielsweise die Theorie „Tragedy of the commons“, dass egoistisches Handeln zu nachteiligen Ergebnissen für das Gemeinwohl führt, was wir uns in dieser Situation nicht leisten können.
Weltweit werden in vielen Ländern Maßnahmen, wie Händewaschen, Abstandhalten und die Nutzung von Mund-Nasenschutz ergriffen, um die eigene, aber auch die Gesundheit Anderer zu schützen. Dasselbe gilt international: Viren kennen keine geographischen Grenzen. Wir müssen einander helfen und egoistisches Handeln, zu unser aller Vorteil, aufgeben. Andernfalls wird es möglicherweise noch sehr lange dauern bis wir im bisherigen Umfang zu grenzüberschreitender Kooperation zurückkehren können. Die wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen wären immens.
Wenn wir die Pandemie weltweit in den Griff bekommen wollen, erfordert dies auf internationaler Ebene einen gerechten Zugang aller Menschen zu Impfstoffen – unabhängig von Alter, Geschlecht, Nationalität und anderen sozialen und wirtschaftlichen Faktoren.
Quellen
1) https://www.thelancet.com/pdfs/journals/lanhl/PIIS2666-7568(20)30003–9.pdf
2) https://www.thelancet.com/journals/lanres/article/PIIS2213-2600(20)30401‑X/fulltext